Samstag, 23. Dezember 2017

Teil 1 des Interviews mit Kid Dad vom 12.12.2017

Als ich bereits im Oktober davon gelesen habe, dass Razz nach Cottbus kommen würden, war ich völlig aus dem Häuschen. Weil es eine relativ bekannte, gute Band ist und die kommt mal eben in die Stadt, in der ich Wohne. Also fragte ich bei Fleet Union wegen eines Interviewtermins an. Die wiesen mich darauf hin, dass sie nicht für die Interviewvergaben von Razz verantwortlich sind, mir jedoch ein Interview mit der Vorband Kid Dad anbieten können. Da diese Band erst ein paar Tage zuvor einen Hype durch Visions erfahren hatte, zögerte ich nicht lange und sagte zu.

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Frage Nummer eins: Kid Dad. Wo kommt der Name her und warum dieses Konträre, da Kid und Dad zwei Generationen sind?

Marius: Der ursprüngliche Gedanke war, dass Menschen gewisse Charakterzüge eher Erwachsenen zuweisen und andere Charakterzüge eher Kindern. So wie man zu Kindern sagt: „Du kannst das noch nicht.“ Oder „Du darfst das noch nicht, weil du noch nicht erwachsen bist.“ Und zu Erwachsenen sagt man: „Du darfst dich nicht so verhalten, du bist kein Kind mehr!“ Und wir wollten dieses Spalten zwischen Kind und Erwachsenem aufheben. Das war der ursprüngliche Gedanke. Mittlerweile steht der Name eigentlich nicht mehr für ein bestimmtes Programm. Wir haben ihn halt, haben ihn lieben gelernt und stehen dazu. Wir haben jetzt damit keine bestimmte Message. Für uns klang es im ersten Moment cool und deswegen haben wir das so gelassen.

Und wer ist genau Kid Dad?

Max: Max, ein Name mit „M“. Ich spiele Bass und bin als letztes dazugekommen. Das war im Mai 2016. Martin hatte mich irgendwann mal angerufen, hatte vorher schon mit ihm studiert und ihm erzählt, dass ich Bass spiele. Dann ist ihm irgendwann der Bassist abgesprungen. Er hatte mich an einem Samstagnachmittag angerufen und mich gefragt ob ich vorbeikommen will. Hab gemeint: „Jo.“ Hab mich dann geduscht, ganz wichtig. Dann hab ich mich in den Zug von Bielefeld nach Paderborn gesetzt und bin eineinhalb Stunden durch die Gegend gegurkt. Hab da zwei Songs ein bisschen gelernt. Am Tag danach, bin ich nochmal hin und ab da war ich irgendwie schon dabei.

Und du bist?

Marius: Ich bin Marius, ich bin der Sänger und spiele Gitarre und habe die Band im Prinzip mit Michi und Martin gegründet.

Michael: Ich bin Michi, Michael. Den Marius habe ich im Studium kennengelernt und spiele in der Band Schlagzeug. Er hatte damals einen Drummer gesucht, 3 oder 4 Monate, bevor Max dazukam, war ich bei einer Probe dabei und hab mir das ganze mal angehört. Ich hatte auch nichts besseres vor. Da ich zu dieser Zeit auch nichts besseres vor hatte und die Jungs schon zu der Zeit cool drauf waren, haben wir uns gesagt, dass wir Musik machen müssen und haben angefangen Songs zu schreiben. Und da entstand schon der Plan, dass wir etwas aufnehmen wollen.

Martin: Tja, was soll ich erzählen. Ich hab mit dem Marius schon 2011 Musik gemacht. Das war aber nicht so gut. Deswegen haben wir dann diese Band gegründet, weil wir eben dachten, dass es besser wäre.

Die Band mit den vier "M": Michael (d), Martin (g,v), Marius (g,v) und Max (b)
(Quelle: Pressefoto der Band)

Aber wenn ich das richtig mitbekommen habe, werdet ihr gerade richtig gehypt. Die Visions  schreibt sogar über euch, wenn ich das richtig mitbekommen habe.

Martin: Ja und das ist besser als damals.

Marius: Wir gehen das jetzt auch ernsthafter an.

Als Heimatort habt ihr Paderborn auf Facebook angegeben. Was macht man in Paderborn, wenn man nicht gerade Musik macht?

Max: Studieren.

Marius: Studieren oder Christ sein.

Ach ist das der „Bible Belt“ von Nordrhein Westfalen.

Marius: Paderborn ist das reichste Erzbistum in Europa.

Michael: Gefühlt, gehört jedes zweite Gebäude in Paderborn der Kirche. Ich bin aus Stuttgart zum Studieren nach Paderborn gezogen. Wir alle studieren aktuell Populäre Musik und Medien und diesen Studiengang gibt es nur dort.

Das heißt, mit Paderborn verbindet ihr eher den klassischen Katholizismus?

Marius: Ja, da ist alles ziemlich konservativ. Es gibt eine kleine Hardcoreszene, aber sonst gibt musikalisch nicht wirklich viel. Es gibt einen Club, in dem mal Itchy aufgetreten sind, aber das war's auch. Ganz früher haben mal BadReligion in einer Bar gespielt aber das ist auch schon eine Weile her. Ansonsten haben wir keine große Szene in Paderborn und deswegen versuchen wir es über die Stadtgrenzen hinaus.

Wenn ihr studiert, seid ihr alle über 18. Ihr wirkt noch relativ jung.

Maruis: Danke, wir sind so um 21, 22 Jahre alt. Da kannst du noch gar nicht wissen, was du willst.

Im Promo-Text über euch geht es primär darum, dass ihr über Depressionen redet, schreibt, singt und auch mit eurer Single verbildert. Ist das generell eure Grundstimmung, gibt es persönliche Bezüge oder sind das Sachen, die ihr von Extern aufnehmt?

Marius: Eigentlich wird sich in der Masse schon, in der Gesellschaft wird sich schon um Depressionskranke gekümmert. Bei uns dreht es sich nicht nur um Depressionen sondern um Gefühlsregungen aller Art. Wir drücken durch unsere Musik sehr gut aus, was wir fühlen. Da ist mal was schlechtes und mal was gutes dabei. Dementsprechend sind die Songs auch ganz verschieden, es geht um innere Probleme, an die man sich nicht ran traut, über ganz normale Themen wie Sex oder Drogen. Wir sind jetzt nicht so die Rock'n'Roll Band, wo sich jeder vor der Show nochmal eine Line zieht. Bei uns geht es viel mehr um Gefühle. Wir singen zwar viel über Drogen, dass heißt aber nicht, dass wir Drogen verherrlichen oder zwingend Drogen nehmen. Manche Gefühlslagen lasse sich nicht anders beschreiben, da steht der Vergleich mit Drogen eher im Raum. Man kann sich so extrem fühlen ohne Drogen zu nehmen und das wird in den Texten leider häufig missverstanden. Prinzipiell geht es da um unsere Gefühle.

Wenn man sich eure Singles anhört, spielt ihr ja primär Rock und Grunge. Eure Inspirationsquellen sind, laut Facebook , Oasis und Nirvana? Warum so ein altes, betagtes Genre? Warum seid ihr nicht auf den Hypetrain um Metalcore aufgesprungen?

Max: Das ist die Musik, mit der wir aufgewachsen sind. Unsere Eltern haben das schon gehört, wir halt auch. Musikalisch wurden noch nicht in der Zeit groß, wo du kurz auf Spotify warst und einmal durch die Bibliothek gescrollt hast. Wir konnten nur aus dem CD-Regal was aussuchen und dann hast du das genommen was da war. Und das, was dir am meisten gefallen hat, ist hängen geblieben. Alleine durch die Beschäftigung mit der Musik und seit dem wir das ernst nehmen, hören wir auch mehr und auch andere Musik. Das geht dann von Radiohead über …

Marius: ...Rage Against The Machine, Beatles, Mozart. Wir sind jetzt nicht so in einer Musikrichtung festgefahren, die wir spielen.

Max: Das was wir spielen, ist das, womit wir aufgewachsen sind. Uns ist es auch nicht wichtig, irgendein Hype-Genre aufzugreifen und zu sagen, dass wir das jetzt machen um damit Geld zu verdienen. Wir wollten was machen, womit uns auch selber wohlfühlen und denken, dass das cool ist. Wir sehen da auch Entwicklungsmöglichkeiten und können etwas damit anfange.

Marius: Wir wollen auch was eigenes kreieren, nicht einfach nur Garage-Rock. Wir wollen uns da nicht einschränken. Wir finden es super, dass wir zu keiner anderen Band perfekt als Support passen. Wir sind fast immer das Kontrastprogramm und versuchen eine eigene Marke zu schaffen und das ist viel persönlicher und langfristig macht das glücklicher. Vor allem wenn man sich nicht direkt für eine Schiene entscheidet. Das ist zum Beispiel sehr Roughness von Rage Against The Machine, Nirvana. Beim Songwriting inspiriert mich Radiohead sehr stark, weil die sich einfach keine Grenzen und Regeln setzen und selber weiterentwickeln ohne Ende und trotzdem noch sehr viel mit Dynamik spielen und sich in keine Schublade stecken lassen.

Martin: Irgendwie jeder hat sein Lieblingsgenre und dadurch werden die Songs, die wie erarbeiten, von verschiedenen Richtungen beeinflusst.

Also könntet ihr einfach eine Platte auf dem Markt bringen, wie das aktuelle Albumvon LIRR.?

Martin: Ungefähr. Es vielleicht nicht so krass, wie bei LIRR.

Marius: Das ist auch viel spannender, als wenn sich jeder Song aus drei Akkorden bildet und irgendwie die gleiche Dynamik und das gleiche Tempo hat. Das ganze Laut-Leise und diese ganzen Extreme, das reizt uns. Im Set gibt es auch Passagen, wo ganz ganz Leise auf ganz ganz Laut folgt und das sind auch ganz genau unsere Stärken.

Also das was aus den 90ern kommt.

Marius: Da achten wir gar nicht darauf, das wir klingen wollen, wie irgendjemand anderes. Wir machen das, was wir wollen und gucken drauf, was dabei rum kommt. Laut-Leise-Laut-Leise gab es bereits im Barock.

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Im zweiten Teil erfahrt ihr dann mehr über die Sicht der Band auf die Musikindustrie und Spotify.

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